Zeichen von Herbst von Patrick Wunsch | Indie-Autoren Bücher
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Zeichen von Herbst von Patrick Wunsch

Zeichen von Herbst

Details:

Genre: Gesellschaftsromane
Format: Taschenbuch, eBook
Seiten: 412
Distributor: Tredition
ISBN/ASIN: 978-3749793808
Bewertungen: Bisher noch keine BewertungSchreibe etwas über das Buch

Klappentext:

September. Eine Gruppe von Künstlern und Kunstinteressierten findet sich halb geplant, halb zufällig in einem abgeschiedenen, wohlkonstruierten Anwesen wieder, um ein Leben voll Wonne und künstlerischer Inspiration zu führen. Eine verzweifelte Flucht für die einen, nicht viel mehr als ein interessantes Experiment für die anderen, und für alle die Gelegenheit, etwas Entscheidendes zu lernen: Warum das Elysium der Tod des Künstlers ist und warum man am besten mit einem Bein in Glück und Ordnung und mit dem anderen in Passion und Chaos stehen bleibt.

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Leseprobe

Die Sonne spähte noch ohne Wärme über die Bauten der Altstadt, nicht ungleich einer Scheibe Licht, die hinter der Kommode feststeckte. Verhaltenes Vogelgezwitscher hing in der Luft und der Geruch von feuchter Erde. Was immer es war, das Menschen an solch einem frühlingshaften Herbstmorgen für gewöhnlich verspürten, in Edgar regte sich nichts dergleichen.

»Glück existiert überhaupt nicht«, sagte er. »Das sind nur Momente des Vergessens.« Es waren die ersten Worte, die er an diesem Morgen, den er mit einem Kasten Bier im Stadtpark verbracht hatte, an einen anderen Menschen richtete.

Bei diesem Menschen handelte es sich um ein junges Mädchen, das neben ihm auf der Parkbank Platz genommen hatte. Edgar schätzte sie auf zwölf bis vierzehn Jahre, doch genauso gut mochte sie sechzehn sein; wer konnte das noch beurteilen? Sie hatte ein Smartphone mit blumenverzierter Schutzhülle gezückt und zu tippen begonnen. Er kannte das Mädchen nicht (dachte er), er hatte sie nie zuvor gesehen (hatte er), nichtsdestotrotz machte es in seinen vernebelten Gedanken Sinn, ihr eine seiner größten Lebensweisheiten zuteilwerden zu lassen.

Die Beine überschlagen, richtete das junge Mädchen den Blick gen Himmel und dachte nach. Sie trug einen Kurzmantel, hellbraun und elegant, vermutlich nicht gerade ein günstiges Modell, eine schlichte graue Jeans mit zerschlissenen Knien und Schuhe aus Veloursleder. Die Reflexion währte nur kurz, da war sie wieder in das Tippen einer Nachricht vertieft. »Mag wohl sein«, sagte sie beiläufig. Das Haar war blond, zwischen matt und glänzend, natürlich, wie man unweigerlich dachte. Das Haar eines Mädchens vom Lande: Halb zu Gold gesponnenes Stroh, zum Zopf geflochten.

Edgar senkte den Kopf und betrachtete den Kasten Bier, der zu seinen Füßen stand. Jede zweite Flasche war leer, willkürlich zwischen den vollen verteilt. Jemanden nicht ernst zu nehmen, nur weil er unter dem Einfluss von Alkohol zu stehen schien, war etwas, das Edgar nicht akzeptieren konnte. Also wandte er sich um und fuhr das junge Mädchen an: »Erwachsen zu sein, heißt, sich alles mögliche schönsaufen zu müssen!« Er spürte den Zorn in seinem Puls, als er die Arme auf die Oberschenkel stemmte, die Hände in den Stoff der Hose und die angespannten Muskeln darunter krallte. Er biss die Zähne zusammen. »So was wird euch inner Schule wohl nicht beigebracht?!«

Das junge Mädchen war zusammengezuckt, doch lag in ihrem Blick nicht Furcht, nur Verwunderung. »Ganz ruhig, Mensch«, sagte sie mit der sanftesten Stimme. »Von mir aus können Sie mit Ihrem Bier doch tun und lassen, was Sie wollen.« Sie lächelte. Es war ein Lächeln, das sich nur andeutete und dennoch – oder deswegen – eine strahlende Wirkung entfaltete, und als ob Edgar nicht dadurch bereits entwaffnet wäre, fügte sie in gespieltem Schmollen hinzu: »Ich finde allerdings, Sie hätten mir längst eins anbieten können.«

***

Man konnte ihr ansehen, dass es ihr nicht besonders schmeckte, doch sie trank. Als das Mädchen namens Emilia das erste Bier geleert hatte – möglich, dass es ihr allererstes war –, nickte Edgar ihr anerkennend zu. Er bot ihr ein weiteres an, das sie dankend annahm. Es handelte sich, wie Edgar erfahren hatte, um eine Morgenroth, die Schwester derjenigen, die sie die Auserwählte nannten. Edgar kam nicht umhin, ein gewisses Interesse an der Person dieses jungen Mädchens zu entwickeln. Ein Interesse, das für ihn ungewöhnlich war.

Emilia trank das zweite Bier zur Hälfte, ehe Edgar – angesichts der Größe von etwa eins fünfundsechzig und der zierlichen Statur ohne Verwunderung – feststellte, dass sie, was den Grad der Trunkenheit betraf, mit ihm gleichzuziehen schien. Zumindest erfreute sie sich bester Laune, und Edgar tat es auch (im Rahmen seines schattigen Gemüts). Der Park hatte sich mit Leben gefüllt, und eigentlich hätte man erwartet, dass der Anblick des ungleichen Paares, das sich am Vormittag einen Kasten Bier zu teilen schien und über die dümmsten Zoten lachte, früher oder später das Auge des Gesetzes auf den Plan riefe. Nichts dergleichen geschah. Edgar und Emilia wurden kaum eines Blickes gewürdigt. Man war wohl Seltsames gewohnt.

»Besser 'ne gesunde Verdorbenheit«, gab Edgar eine weitere seiner Weisheiten zum Besten, »als 'ne verdorbene Gesundheit. Es ist wichtig, sich nicht immer an die Regeln zu halten. Merk dir das gut.«

Emilia hüllte sich in Schweigen und setzte ein Lächeln auf, das vielsagend war und wiederum nicht. Sie stellte die leere Flasche zurück in den Kasten und schielte neugierig, vielleicht erwartungsvoll zu Edgar hinüber. Die Augen waren groß und grün und erfüllt von einem naiven Ernst wie die der Schwester.

»Diese Welt ist ein seltsamer Ort«, sagte Edgar. »Findest du nicht? Wir sind am glücklichsten, wenn wir das Gefühl haben, nicht Teil davon zu sein. Wenn wir uns berauschen oder so sehr auf eine Tätigkeit konzentrieren, dass wir alles um uns herum vergessen. Ich mein' …« Edgar trank einen großen Schluck und stieß einen tonlosen Seufzer aus. »Wir leben in 'ner Zeit, in der's uns schon zu Tränen rührt, wenn einander fremde Menschen ein halbwegs freundliches Gespräch führen. Das kann doch einfach nicht richtig sein. Wir sind soziale Lebewesen, heißt es.«

Emilia zuckt die Schultern. »Die Menschen sind eben zu unterschiedlich. Es wird sehr viel Wert auf Individualität und Leistung des Einzelnen gelegt und wenig auf gemeinsame Interessen. Du kannst natürlich irgendwo den einen oder anderen Menschen finden, mit dem du dich verstehst, aber auf diese wichtige Queste begibst du dich allein.«

Es musste das Bier sein, das sie derart weise machte, dachte Edgar – und es musste ebenfalls das Bier sein, das ihn ohne nachzudenken sagen ließ: »Weißt du, mein Bruder, der arbeitet an der Lösung für dieses kleine, aber schwerwiegende Problem.«

»Ein Neutronensternproblem, ja?«, witzelte das Mädchen mit den roten Wangen und dem trunkenen Grinsen. »Klein, aber schwerwiegend« Sie hickste.

»Neutronensternproblem …?« Edgar lächelte schief. »Kleine, du erinnerst mich an jemanden.«

»Ist das gut oder schlecht?«

»Das ist gut. Ziemlich gut sogar.«

»Na schön, dann freue ich mich. Und jetzt lass hören! Wie sieht die Lösung aus, die dein Bruder ersonnen hat?«

Nun aber zögerte Edgar. Er hatte zu plaudern begonnen, doch noch gab es ein Zurück! Nein, etwas drängte ihn, das junge Mädchen in das Geheimnis einzuweihen. An der Ähnlichkeit lag es nicht, zumindest nicht nur: Auch war die Situation, die zufällige Begegnung mit der Schwester der Aske Morgenroth, zu unwahrscheinlich, ihr nicht eine tiefere Bedeutung beizumessen – oder zu versuchen, ihr eine zu verleihen. Und so gab sich Edgar dem Eindruck, eine Art ungeschliffenen Diamanten vor sich zu haben – in Gestalt einer jungen, interessierten Person, die der richtigen Umstände und Führung bedurfte –, mit vollem Vertrauen hin. »Diese Gesellschaft«, begann er die Erklärung, die Sprache verzerrt und verschwommen vom Alkohol, mit einer gewissen Ausschweifung, »erzieht ihre Mitglieder, wie du richtig sagst, vor allem dazu, nach immer größerem Glück des Einzelnen zu streben. Eine solche Gesellschaft muss zwangsläufig irgendwann an einen Punkt gelangen, an dem's zu viele unterschiedliche, sogar gegensätzliche Interessen gibt, jedem das Leben zu ermöglichen, von dem er träumt. Das Glück des einen kostet das Glück des anderen. Glück ist in dem System, in dem wir leben, 'ne endliche Ressource.« Er leerte die Flasche und unterdrückte einen Rülpser. »Wohl dem«, fuhr er fort, »der's vermag, sich dem Zeitgeist zu widersetzen! Zufrieden zu sein mit dem, was er hat, vielleicht sogar glücklich. Meinste nicht auch?«

Emilia blickte zu Boden. »Ich weiß nicht so recht«, antwortete sie zögerlich.

»Du weißt nicht so recht?« Edgar versuchte, Ruhe zu bewahren. »Dazu musste doch 'ne Meinung haben«, sagte er, die Augen zusammengekniffen. »Das ist, denke ich, die wichtigste Frage überhaupt: Wozu man eigentlich hier ist.«

»Das sagt mir jemand«, antwortete Emilia und deutete mit einer Kopfbewegung auf Edgars Flasche, »der, wie mir scheint, selten hier ist.«

Edgar grinste – geschlagen.

»Warum«, begann Emilia langsam, »ist es so, dass du …?«

»Dass ich mich am frühen Morgen so volllaufen lasse?« Edgar schnaubte. »Tja, das hat viele Gründe, und 'n paar davon sind gar nicht mal so schlecht.«

»Natürlich«, sagte Emilia mit frecher Ironie. »Und welcher ist der beste?«

Der Autor

Mein Name ist Patrick Wunsch. Ich wurde am 21. Februar 1988 in Bielefeld geboren, wo ich bis heute lebe.

Schon als Kind war ich kreativ. Begonnen hat es im Kindergarten mit dem Zeichnen (Sie wissen schon: Dinosaurier, Raubkatzen, Burgen), das sich während der Grundschulzeit mit den Anfängen einer – so hoffte ich – großen Karriere im Game Design verband (das heißt, ich zeichnete nun Dinge, die in Videospielen vorkamen, also Charaktere, Gegner, Gegenstände, Karten). Im musikalischen Bereich wurde ich mit 15 Jahren aktiv, zunächst als Sänger, dann auch als Komponist.

Mit der Literatur hatte ich es, offen gestanden, meist gar nicht so. Es gab Phasen, in denen ich viel gelesen habe, nämlich in der Grundschule und während des Zivildienstes, doch wirkliches Interesse entwickelte ich erst nach dem Bachelorstudium. Ja, das war Germanistik, da hätte man spätestens währenddessen lesen sollen, allerdings fand ich die linguistischen Themen sehr viel spannender als die literarischen.

Vermutlich spielt jeder kreative Mensch, der liest, ständig mit dem Gedanken, sich selbst im literarischen Bereich zu versuchen. Ernst wurde es mir damit im September 2016. Mit dem Einstieg ins Berufsleben – zu einem Zeitpunkt also, an dem man für so etwas eigentlich keine Zeit mehr hat – begann die Arbeit an Zeichen von Herbst, die etwa ein Jahr später (dank der strukturierten und disziplinierten Arbeitsweise eines INTJ) weitestgehend abgeschlossen war. Im März 2018 ging es weiter mit dem Nachfolger, der wenig später den Titel Gegenlicht bekam.

Und nun sind wir hier – am Anfang einer aufregenden Reise. Nach dem gewissermaßen zweiteiligen Debüt wird es bei mir, neben Projekten im Bereich Musik und Games, auch literarisch weitergehen. Ideen und Notizen für weitere Romane gibt es mehr als genug. Sie dürfen gespannt sein.

Wenn Sie sich für Musik oder Games interessieren, schauen sie doch auch mal rein bei träumen von aurora, Beyond Martian Skies oder Great Potion Games.

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