Das stille Leben des Karl Rosenbaum von Frank Domnick
Details:
Genre: | Drama, Gesellschaftsromane |
Format: | Taschenbuch, eBook |
Seiten: | 313 |
Distributor: | Amazon KDP |
ISBN/ASIN: | 979-8593293497 |
Bewertungen: | Bisher noch keine BewertungSchreibe etwas über das Buch |
Klappentext:
Nachdem Karl Rosenbaum seinen Juwelierladen aufgegeben hat, verliert er den letzten Funken Lebensmut in seinem trostlosen stillen Dasein. Die Schuld am Tod seiner Familie haben ihn seit seiner Kindheit in die soziale Isolation getrieben. Rosenbaum glaubt, eine Gefahr für andere zu sein und wagt nur in der Kunst im Schatten seiner Protagonisten große Empfindungen auszuleben. Doch genau in einem dieser schwachen Momente ereignet sich eine schicksalshafte Begegnung. Während einer Opernvorstellung spricht ihn der junge charmante Stefan Koczinski an und behauptet, Rosenbaum zu kennen. Rosenbaum fühlt sich aus unerfindlichen Gründen von dem jungen Mann bedroht, weist ihn ab und ist dennoch von dessen Erscheinung fasziniert. Fortan stellt der junge Mann ihm nach und sucht neue Gelegenheiten, um Rosenbaum wiederzusehen. Das vermeintlich stille Leben des alten Mannes gerät aus den Fugen, je heftiger er versucht, Koczinski loszuwerden. Rosenbaum muss entscheiden, ob er dem fadenscheinigen Gebaren des jungen Mannes auf die Spur kommen möchte und ungeahnt große Emotionen zu riskieren bereit ist. Oft reicht ein mutiger Schritt, der alles verändert – selbst im hohen Alter.
Inhalt:
Familiendrama! Schuld! Einsamkeit! Albträume! Wie kann ein Mensch nur so leben?
Wer kennt nicht den alten grantigen Mann, der tagsüber hinter der Gardine aus dem Fenster schaut und die immer kleiner werdende Welt um sich herum beobachtet. Oder der Griesgram, der unbeholfen sich vordrängelt oder abgehängt vom hektischen Treiben mit seinen letzten Schritten durchs Leben wankt. Oft weisen wir diese unnahbaren Zeitgenossen ab, reagieren genervt und verständnislos. Doch was schlummert hinter der Fassade dieses Menschen? Was für ein Bündel an Erfahrungen hat den Protagonisten geprägt? Möchten wir wirklich vom Drama dieses Lebens erfahren?
Karl Rosenbaum ist so ein grantiger alter Mann, der mit seinen Gedanken Stück für Stück sein Leben preisgibt und sich anfangs unbequem, dann aber immer eindringlicher dem Leser öffnet und dessen Sympathien gewinnt.
Nichts muss so enden, wie man glaubt, dass es enden wird. Manchmal fehlt nur die richtige Begegnung und ein mutiger Schritt, um aus dem vermeintlich stillen, von Ängsten, Albträumen und innerem Rückzug bestimmten Leben eine völlig neue Perspektive zu gewinnen. Dafür ist es nie zu spät.
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Leseprobe
Vielleicht hätte mich die Natur, Gott oder wer oder was auch immer von dieser Welt genommen, wäre ich nicht durch die grässlichen Kräuterrezepturen meiner Mutter, die ich immer noch nutzte und mir auch in den letzten Tagen gebraut hatte, wieder zu Kräften gekommen und zu neuem Leben erweckt worden. Sie schmeckten so furchtbar bitter, dass anscheinend selbst der heranschleichende Tod vor ihnen davonlief. Als Kind hatte meine Mutter kein Pardon gekannt, mich die Kräutermischungen gelehrt, dann aufgegossen und die Flüssigkeit unter meinem tränenreichen Protest eingetrichtert. Mein Widerstand war gegen ihre Strenge und Gewalt chancenlos gewesen. Sie hatte mir einfach die Nasenflügel zusammengepresst, den Kopf in den Nacken gedrückt und mich zum Schlucken gezwungen. Gegen meine Mutter war nunmal kein Kraut gewachsen.
Ich hatte zu akzeptieren, dass mir eine weitere Gnadenfrist eingeräumt worden war. Das Fieber war gesunken und ich spürte leichten Appetit. Doch zwei Dinge blieben: die schrecklichen Albträume, die sich scheuend und wiehernd dem seligen Wunsch des Vergessens entgegenstellten, und das Schwanken in meinem Kopf. Dazu gesellten sich Halluzinationen. Ich begann, mir einzubilden, dass etwas umfallen könnte, was bisher noch nie umgefallen war.
Dass sich etwas auf mich stürzte und mich erschlug, weil ich nicht rechtzeitig ausweichen konnte. Dass ich mich verbrühte, weil mir die Kanne mit heißem Wasser aus der Hand glitt oder der Topfhenkel abbrach. Es waren kurze Momente, die sich meiner Kontrolle entzogen. So kämpfte ich beim Toilettengang gegen den Gedanken an, dass die Schüssel aus der Wandhalterung brach und unter mir wegrutschte. Ich musste mich am Wannenrand festhalten
und schloss die Augen.
Als ich am nächsten Tag aufwachte, war das Bett von Schweiß getränkt. Der Schlafanzug klebte auf meiner Haut. Ich bekam kaum Luft. Die Enge in meiner Brust machte mich panisch. Wütend von dem ständigen Hin und Her und der Unentschlossenheit meines Körpers, sich zu definieren, schlugen meine Arme wütend die Deckeauf. Sollte mich doch der Teufel holen.
Ich rutschte zur Bettkante vor, streifte mir den Morgenmantel über und hatte großes Verlangen nach frisch gebrühtem Kaffee.
Während ich in die Küche schlurfte, hielt ich mich an der Wand und am Türrahmen fest, weil in meinem Kopf immer noch Jahrmarkt war und das Karussell sich unaufhörlich weiterdrehte. Mit
zittrigen Händen setzte ich Wasser auf, sah dann in den Kühlschrank und starrte auf die Habseligkeiten, die aus einem Rest Margarine, einer müden Paprika und einer Dose Makrelen bestanden. Milch hatte ich kaum noch. Es reichte gerade mal für eine Tasse Kaffee. In der Brotlade herrschte gähnende Leere.
Als ich das Kaffeemehl aus der Dose in den Filter häufte, überfiel mich ein neuer heftiger Schwindel. Ich stoppte die Bewegung, atmete tief durch und schlurfte zur Balkontür, öffnete sie und sog die kalte Luft in meine Lungen. Die Frische legte sich auf mein Gesicht und tat mir gut. Mein Blick wurde langsam etwas klarer.
Ich streckte den nackten Fuß nach draußen und setzte ihn auf die Bodenfliesen des Balkons. Je länger die Kälte durch den Fuß ins Bein zog, umso deutlicher kehrte die Erinnerung an den arktischen Frost auf der Flucht zurück. Das Eis war erst durch meine kaputten Schuhe, dann durch die löchrigen Socken ins Fleisch vorgedrungen, bis es die Knochen erreichte. Der Schmerz ging in Taubheit über und drohte, den Fuß in Leichenstarre zu versetzen. Ich erinnerte mich an die Erzählung, dass die Füße der Soldaten an der Front abgefallen seien wie faules Obst.
Ich starrte auf den Fuß, hob ihn erschrocken an und holte ihn in die Wärme zurück.
Während ich die Balkontür schloss, ging mein Blick zum großen Baum im Hinterhof, der über meine dritte Etage weit hinausragte. Er war nackt und schien tot. Sein Körper bestand nur aus
schwarzen Strichen. Außerdem war es diesig und es ging kein Wind. Nichts da draußen schien zu atmen. Wie natürlich meinem geschätzten Lieblingsmaler Caspar David Friedrich seine Werke
doch gelungen waren.
Ich liebte den Anblick dieses großen Baums, erinnerte er mich doch an die Buche vor meinem Kinderzimmer zu einer Zeit, als noch alles in Ordnung gewesen war. Mit dem Blick auf die Buche
hatte ich den Wechsel der Jahreszeiten kennengelernt. Als das älteste von drei Kindern hatte ich lange Zeit ein eigenes Zimmers genossen. Meine Schwester Johanna besaß als einziges Mädchen ebenfalls ihr eigenes. Als Julius geboren und nach einem Jahr aus dem Elternschlafzimmer verbannt wurde, musste ich ihn bei mir aufnehmen. Insgeheim betrachtete ich das Zimmer aber immer noch als mein persönliches Heiligtum. Julius war nur ein Gast in
meinen vier Wänden. Ich schickte ihn hinaus, so oft ich konnte, wenn ich in meinen Büchern stöbern und Rollen von Theaterstücken auswendig lernen wollte. Julius hatte mir schon die Zuwendung des Vaters genommen. Jetzt sollte er mir nicht auch noch meine eigene Welt streitig machen dürfen.
Ich hatte weiß Gott nicht alles verstanden, was da in den Büchern stand, weshalb ich abends meinen Vater bat, es mir zu erklären. Meine Mutter hatte mit den Augen gerollt, manchmal sogar
laut gestöhnt, weil ihr alles, was ich tat, auf den Wecker ging. Oft meckerte sie an mir herum; ich war nicht die Hilfe im Haushalt oder beim Geschwisterhüten, wie sie es sich gewünscht hatte.
Doch ich hatte mir meines Vaters immer sicher sein können, der mich vor einer Überbeanspruchung meiner Mutter schützte. Bis … ja bis Julius auf die Welt gekommen war. Danach wies auch mein Vater mich an, der Mutter mehr zur Seite zu stehen. Julius war der lächelnde Stern der Familie und hatte meinen Vater um den Finger gewickelt. Selbst ich konnte mich hier und da Julius’ Charmes nicht erwehren. Aber mein Vater und ich, wir hatten etwas
Unumstößliches gemeinsam. Wir teilten die Liebe zur Literatur und zum Theater.
Das Pfeifen des Wasserkessels riss mich aus meinen Gedanken. Ich begoss das Kaffeemehl und sah die braunen Tropfen in die Kanne fallen.
In meinem Kopf tauchte das Gesicht des lächelnden jungen Mannes aus der Oper auf, dessen Namen ich vergessen hatte. Es war eine sonderbare Begegnung gewesen. Seine weichen Hände besaßen mehr Kraft, als ich vermutet hatte. Das helle offene Gesicht konnte trotz seines unwiderstehlichen Charmes in Betrübnis verfallen. Sein mächtiges Lächeln aber war unschlagbar.
Ich schlürfte vom heißen Kaffee, sog dabei den satten Duft in die Nase und bekam Appetit auf ein Stück Torte oder leckeren Kuchen. In der Wohnung lag noch nicht mal ein alter weicher
Keks herum.
Seitdem ich nicht mehr arbeitete, kaufte ich am Vormittag die Ration Essen für einen Tag ein. Somit entging ich der Lethargie, die mich allzu schnell befallen würde, nicht aus dem Haus gehen
zu müssen. So jedoch war ich dazu gezwungen, bei Wind und Wetter. Was ich nicht eingeplant hatte, waren Krankheiten, die mich längere Zeit ans Bett fesselten. Aber das war bisher so gut wie nie vorgekommen. Wenn ich also nicht verhungern wollte, musste ich heute aus dem Haus und einen Einkauf tätigen.
Ich spülte die Tasse ab und stellte sie in den Schrank zurück. Als ich mich im Bad frisch gemacht hatte und heraustrat, fiel mein Blick auf einen Umschlag, der vor der Wohnungstür lag. Er musste
unter der Tür durchgeschoben worden sein. Ich ging hin, hob ihn auf und las meinen Namen, der mit geschwungener Handschrift dort geschrieben stand. Mir fielen keine möglichen Absender ein
… außer einem. Nein, das war nicht möglich. Warum …?
Meine Hände wurden immer aufgeregter, als ich den Umschlag hielt. Leichte Benommenheit ließ mich taumeln, sodass ich mich an die Wand lehnte. Die Handschrift war genauso schön wie der
Mann selbst. Mein Herz rief nach dem vergessenen Namen. Es fiel mir schwer, einzugestehen, dass ich mich so gerne an ihn erinnern wollte, obwohl ich den jungen Mann von mir gestoßen hatte.
Ich konnte nicht mehr warten und riss den Umschlag auf.
Eine grellrote Karte mit den besten Wünschen zur Genesung hielt ich in der Hand. Gute Besserung! Auf Wiedersehen. In meinem Kopf nahm das Karussell wieder Fahrt auf. Meine Blicke huschten über den Text hinweg, ignorierten jeden Bogenstrich, jeden Punkt,
jedes Komma, denn am Ende konnte ich gewiss sein, seinen Namen zu lesen. Und da stand er: Stefan Koczinski!
Mit einem Mal hörte ich seine Stimme: Auf Wiedersehen. Sind Sie nicht Herr Rosenbaum, der Goldschmied und Uhrmacher? Ich kann Sie von meinem Platz aus sehen. Auf Wiedersehen, Herr Rosenbaum … Wiedersehen!
Der Autor
Frank Domnick, 1965 in Münster geboren, ist gelernter Speditionskaufmann und studierte nach der Kaufmannslehre klassischen Gesang. Als Opernsänger ist er Mitglied des Staatsopernchores Hannover und steht seit über 25 Jahren auf der Opernbühne.
Das Schreiben von Gedichten und Kurzgeschichten entwickelte sich seit dem Studium und wurde mit einer Platzierung in der Finalrunde eines Schreibwettbewerbs belohnt. Im Mai 2018 erschien sein literarischer Debütroman „Das stille Leben des Karl Rosenbaum“, in dem er die Innensicht eines alten traumatisierten Mannes beschreibt, dessen vermeintlich stilles Leben am Ende noch eine ungeahnte Dramatik erfährt.
Spätestens seit dieser Veröffentlichung wurde dem Debütanten klar, dass das Schreiben neben dem Operngesang ein unverzichtbarer Teil seines Lebens geworden war.
Nach einem Sabbatical 2018/2019, in dem er ans andere Ende der Welt gereist ist, um fremde Kulturen und faszinierende Natur zu erleben, schrieb er seine Erfahrungen im Reisebericht „Zwölf Monate Freiheit“ nieder. Darin entführt Frank Domnick den Leser nach Namibia, Südafrika, Australien, Neuseeland, macht eine Stippvisite in Thailand, um das letzte Vierteljahr in Spanien zu verbringen. 2021 startet Frank Domnick ein neues Buchprojekt.
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