
Die Anklägerin von Christopher Sprung
Details:
Genre: | Drama |
Format: | eBook, Taschenbuch |
Seiten: | 144 |
Distributor: | neobooks, Epubli |
ISBN/ASIN: | 978-3754974995 |
Bewertungen: | Bisher noch keine BewertungSchreibe etwas über das Buch |
Klappentext:
Ein Dorf am Fuße des Blocksbergs, des Hochsitzes alter Rituale.
Die Anklägerin: eine Haushälterin des Pfarrers, geheime Meisterin der Heilkunst und Spiritualität.
Der verhärmte, gebildete Dorfschrat mit seiner Ablehnung des Menschen, von ihr in die Geheimnisse des Tantra und der Liebe eingeführt.
Der Pfarrer mit seiner Doppelmoral; der Bischof und dessen heimliche Liebe zu seinem Lakaien.
Die dramatische Feuernacht auf dem Blocksberg, Männer in Masken, Rituale der Hexen.
Die Anklage, die Vollstreckung.
Inhalt:
»Die Anklägerin«: ein Gleichnis auf die moderne Zeit, in der Kulisse eines kleinen Dörfchens am Fuße des Blocksbergs. Eine Kritik an Herrschaftsstrukturen, deren Protagonisten ein Doppelleben führen, am Beispiel der Kirche.
Esther, die Anklägerin. Haushälterin des Pfarrers. Heilerin, spirituelle Frau, deckt die Lügen auf, erhebt Anklage, spricht das Urteil und vollstreckt.
Germel, der gebildete Grübler, Menschheitsfeind, Dorfschrat, Esthers Geliebter.
Der Pfarrer. Neu im Dorf. Ergötzt sich an seinem Amt, läuft am Osterfest zur Hochform auf, ist ein Heuchler.
Der fette Bischof, der mit seinem Lakaien ins Dorf kommt und sich erst einmal im Dorfkrug gütlich tut. Liebt den Lakaien.
Der Lakai mit dem fahlen Gesicht, der mit dem Bischof im Zimmer schläft.
Die Hexennacht am Blocksberg. Uralte Rituale, in deren Schatten sich das Schicksal erfüllt.
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Leseprobe
Als der Pfarrer damals aus dem Kloster der Zisterzienser ins Dorf versetzt wurde, krochen sogleich die ersten Gerüchte aus den Gedärmen. Wenn es eines Beweises bedurft hätte, ist es allein schon die Tatsache, dass er nicht sogleich Esther entließ. Damit rechnete er bereits, angesichts ihrer Schönheit, sagte sich, selbst wenn es umgekehrt wäre und das Pfarrhaus einen männlichen Hausdiener hielte, umso schlimmer kreißten die Gerüchte. Also hatte er keine Wahl.Über die Zeit schienen sich die Gemüter zu beruhigen, jedenfalls soweit er es zugetragen erhielt. War doch ein Beichtstuhl stets auch ein im Vergleich mit den Techniken des Zeitgeistes weitaus mächtigeres, analoges Werkzeug. Zwar trugen ihm drei oder vier Speichellecker stets irgendwelche Nachrichten zu. Keinem einzigen traute er, doch die Gesamtheit aller Behauptungen ergab durchaus ein gewisses Bild. Unersetzlich bleibt jedoch die Wahrheit aus dem Beichtstuhl.
Im Beichtstuhl fallen die Masken. Die Pönitenten entleiben sich, zurück bleibt der letzte Seelenkern, verborgen im Gewand des Büßers, in ersten Worten der Beichte beginnt er durchzuscheinen.
Gefallene Engel schreien leise nach Vergebung. Den einen von ihnen reut sein Sadismus, andere betrübt ein schlechter Gedanke, ein sorgloses Unterlassen, eine Nachlässigkeit. Nun beugt sich der Sadist devot vor seinem Priester, findet wohl Gefallen an dieser Spielart aus dem Kabinett der Selbstgeißelung, erntet Wohlgefallen, und scheint den diesem Akt innewohnenden Masochismus gar noch zu genießen, anders die zufriedene Miene beim Austritt kaum zu erklären. Bald auch senken die Achtlosen sich nieder, knien vielleicht, bereit zum Empfang einer Bestätigung ihrer Menschlichkeit, in Wahrheit gedacht als Bekräftigung ihrer Mitgliedschaft und wöchentlicher Stempel auf der göttlichen Rabattkarte.
Über die Jahre begann er, den Beichtstuhl zu lieben. Er fand immer größeren Gefallen, nicht allein an der Besonderheit seines Amtes, auch nicht mehr so wie zu Beginn an den Privilegien seiner Stellung und den Bezeugungen der Gläubigen, die ab seinem ersten Tag darin wetteifern, wer unter ihnen ihm am Unterwürfigsten öffentlichen Respekt bekundete.
Er gönnte sich gar den Gedanken – um ihn flugs als undenkbar zu verbannen – dass bis an diese Stelle kein gravierend struktureller Unterschied bestehe, zu den herrschenden Varianten der stets doch immer ähnlich Privilegierten, deren Kaste zugleich regierte, ob Monarchie, Demokratie, Oligarchie, und auch gleich um welche Form kollektivistischer Verbrämungen hehrer, stets doch immer nur auf die insgeheimen, egoistischen Pläne aufgesattelten äußeren Ziele. Denn, so versuchte er sein eigenes Privilegium vor der Instanz des Königsbergschen Imperativs zu exkulpieren, man könne doch machen was man wolle, es helfe nichts, überall herrsche eine durch Begünstigung oder Vererbung regierende Oberschicht über wenig ehrgeiziges Volk. Allerhöchstens sei der so definierte Adel angreifbar, selbst in einer Demokratie, durch eine eben doch durch Narrative herangezüchtete Bourgeoisie, die sich besonderer Stellung wähnt und hierdurch dazu neigt, die Privilegien der Elite in Frage zu stellen. Jener Gefahr sei jedoch durch einfache Methodik leicht zu begegnen, namentlich die stets immer gleiche Drohung mit Verbannung aus dem erlauchten Kreis der im Narrativ Gleichgesinnten. Und schon verstummen Abweichler.
Nein, es geschah etwas Anderes, er nahm es erst nur unbestimmt wahr. Aus den Abgründen zog ein Sog herauf, drängte zu ihm. »Er will mich holen«, dachte er anfangs, zärtlich verunsichert, und meinte seinen nahenden Tod. Den er jeden Tag erwartete, auch schon in jungen Jahren. Die Furcht der Menschen vor dem Tod verstand er nie. War er doch das Gemeinsame, von allen geteilt, ob Freund oder Feind.
Oft dachte er, der Streit im Kleinen und der Krieg im Großen: würde ein Recke nicht sofort sein Schwert niederlegen, wenn sich das Antlitz des Todes vor ihm zeigte? Würde nicht selbst der mächtigste Feldherr eilig den Aufschub seiner Menschenschlachtung verkünden, wenn vor seinem Auge der eigen Sensenmann erschiene? Hielte er nicht doch inne, gewahr, er trete sogleich vor seinen Richter?
Doch fruchtlos seine Gedanken. Nicht der Tod, sein guter Geist, zog herauf. Eine Fremdheit näherte sich. Fangarme aus kaltem Hauch griffen nach ihm. Aus dem Dunkel rief das Böse, das Mysterium der Sünde, ewig verschlossen als Geheimnis im Beichtstuhl, nur ihm geoffenbart, in eiskalter Klarheit, in wundersam anziehender Ästhetik des Verbotenen, ja war es nicht auch das Verbrechen, das ihn fesselt.
Der Autor
Christopher Sprung (66) lebt in Frankfurt am Main. Nach einem Berufsleben als Jurist veröffentlichte er im März 2022 seinen Debütroman „Oszillation“: Science-Fiction, verwoben mit dem Konzept der Reinkarnation in einem Multiversum, mit dem Anspruch, alle zitierten kosmologischen und quantenmechanischen Entwürfe seien nach wissenschaftlichem Stand nicht ausgeschlossen.
In der Novelle „Die Anklägerin“ (Mai 2022) wird eine „unerhörte Begebenheit“ beschrieben, die nicht nur möglich ist, sondern als Gleichnis auf den Missbrauch von Herrschaftsstrukturen – ob religiös oder politisch – verstanden werden kann. Die Protagonistin deckt die Doppelmoral der Herrschenden auf, konfrontiert sie, klagt an und vollstreckt.
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